Hormonell wirksame Pestizide – wie viel Bio darf es sein?

Pestizide in Erdbeeren

Zu den endokrinen Disruptoren, also hormonell wirksame Chemikalien, zählen auch diverse Pestizide – geläufiger bekannt als Spritzmittel. Sollte man nur noch zu Bio Produkten greifen?

 

Endokrine Disruptoren und ihre Wirkweise

Bei endokrinen Disruptoren, oft auch Xenoöstrogene oder Umwelthormone genannt, handelt sich um Chemikalien, die als hormonaktive Stoffe fungieren.
Die Problematik dieser hormonaktiven Stoffe liegt darin, dass sie sich ähnlich wie körpereigene Hormone verhalten. Dadurch bringen sie den gesamten Hormonhaushalt durcheinander, da sie der Körper aufgrund der ähnlichen Struktur nicht von den eigenen Hormonen unterscheiden kann. Außerdem können sie die  Hormonproduktion der Nebennieren, Schilddrüse und der Eierstöcke beeinflussen.
Endokrine Disruptoren kommen unter anderem in folgenden Produkten vor:

  • Herkömmliche Kosmetik
  • Pflegeprodukte
  • Putzmittel
  • Plastikflaschen
  • In Dosen eingemachte Speisen
  • Kinderspielzeug aus Plastik
  • Matratzen und Polstermöbel
  • Teflonbeschichtung von Pflannen
  • Pestizide
  • Plastikbrotboxen
  • Kassenzettel

 

Um als endokriner Disruptor ausgewiesen zu werden, und im Anschluss ggf. verboten zu werden, muss ein chemischer Stoff folgende Kriterien erfüllen:

  1. Er muss eine nachgewiesen schädigende Wirkung auf die menschliche Gesundheit haben,
  2. eine endokrine Wirkung aufweisen
  3. und es muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der schädigenden und der endokrinen Wirkung bestehen (Brivio et Apostola, 2016).

Für viele Stoffe gibt es bereits tausende Studien, die einen Verdacht auf hormonelle Wirksamkeit nahelegen, was jedoch zur Anerkennung bei der EU-Kommision nicht reicht. Insebesondere für hormonell wirksame Pestizide gibt es EU weite Grenzwerte. Ein aktueller Fall im Bereich der Pestizide zeigt jedoch, dass die Festlegung dieser Grenzwerte oft im Sinne des Handels statt im Sinne der Gesundheit erfolgt.

 

2900% erhöhter Grenzwert für Pestizid

Bei diesem aktuellen Fall handelt es sich um das Fungizid “Flutianil”, das ein japanisches Unternehmen vor allem in den USA verkauft. Verwendet wird es vor allem für Erdbeeren, Zucchini, Äpfel, Süßkirschen und Gurken. Um den Handel zwischen der USA und Europa mit diesem Obst und Gemüse zu erleichtern, stimmte die EU-Kommission Ende März für eine Anhebung des Grenzwertes: Von 0,01 Milligramm auf 0,3 Milligramm. Erdbeeren und andere Obst & Gemüsesorten aus den USA dürfen nun mit bis zu 2900% mehr Flutianil EU weit verkauft werden. Der Stoff ist jedoch schon in geringen Mengen gesundheitsschädlich und vor allem hormonell wirksam. Eine Zeit lang war das Fungizig als hormonell wirksam, krebserregend und fortpflanzungshemmend eingestuft worden, was 2016 unter Kritik und trotz vieler Beweisstudien rückgängig gemacht wurde und das Fungizig anschließend in der EU zugelassen wurde.

 

Erdbeeren und Pestizide
Oft mit Pestiziden belastet: Erdbeeren

 

Wie kann man Pestizide vermeiden?

Die einfachste, aber gleichzeitig teuerste Lösung ist: Lokale Bio Produkte kaufen.
Auf Importware aus den USA zu verzichten macht gerade wegend es erhöhten Grenzwertes Sinn. Jedoch darf man nicht vergessen, dass auch hierzulande viele Pestizide erlaubt sind.
Für Erdbeeren im Speziellen sind es im März 2022 im Bundesland Bayern 37 Fungizide, 22 Insektizide und 15 Herbizide. Mir persönlich vergeht die Lust auf Erdbeeren. Zum Glück wohne ich aber unweit von einem Bio Erdbeerbauern und kaufe auch ausschließlich dort die roten Früchte. Mit einem Preis von 5€ für 500g werden Erdbeeren damit aber auch zum Luxusprodukt.

Den gesamten Wocheneinkauf beim Bioladen oder Bio Hofladen des Vertrauens machen? Kostet schnell über 100€. Für gut verdienende Singles eventuell machbar, für Familien ist es wohl die absolute Ausnahme.
Generell müssten Bio Produkte also zum neuen “Normal” und dadurch günstiger werden.
Ich rede hier nicht von Preis Dumping, aber eben auf einem Niveau, auf dem sich jeder Bio leisten kann.

 

Sag mal Eva, wie machst du das?

Wenn ich in der Zyklusberatung das Thema endokrine Disruptoren anspreche, kommt oft die Frage “Kaufst du nur noch Bio, Naturkosmetik, etc?”.
Ich denke auch hier ist ein gesundes Mittelmaß die Lösung. Wenn man sich 100% Bio leisten kann – go for it!
Da es aber nichtmal für alle Produkte eine Bio Variante gibt, sollte man sich meiner Meinung nach aber auch nicht in das Thema reinstressen.
Generell sollte das Zeil sein endokrine Disruptoren so gut wie möglich zu vermeiden – wir leben allerdings in einer Welt in der dies leider nicht mehr zu 100% möglich ist. Ja selbst die Luft in der Stadt kann hormonell wirksame Stoffe enthalten!

Ich persönlich handhabe es so: Im normalen Supermarkt versuche ich auf die meist günstigeren Bio Produkte zurückzugreifen. Im Bioladen kaufe ich meist Dinge, die es nur dort gibt oder die ebenfalls preiswert sind. Außerdem bevorzuge ich regionale Produkte. Bei Bio Ware aus dem Ausland bin ich eher skeptisch. Ich würde sagen, dass mein Bio Anteil (alle Lebensmittel zusammen) momentan bei ca. 60-75% liegt. Im Sommer versuche ich vor allem Obst & Gemüse aus dem eigenen Bio Anbau zu essen und nur wenig zuzukaufen. Bei Milchprodukten achte ich hingegen sehr streng auf die Bio Herkunft, da es mir hier auch das Tierwohl am Herzen liegt.

 

Dirty Dozen & Clean Fifteen

Manche Obst- und Gemüsesorten werden mehr gespritzt, andere weniger. Deshalb veröffentlicht die EWG (Environmental Working Group) aus den USA jährlich eine Liste der Dirty Dozen(Die 12 am stärksten belasteten) und Clean Fifteen(Die 15 am wenigsten belasteten). Es ist in jedem Fall ein guter Anhaltspunkt, bei welchen Produkten sich Bio am meisten lohnt und welche Produkte man auch konventionell kaufen kann. Für das Jahr 2022 habe ich euch deshalb eine Übersicht erstellt:

 

Risiken für die Hormongesundheit

Endokrine Disruptoren belasten unseren Hormonhaushalt, aber auch die Umwelt. Sie sind unteranderem mit verantwortlich, wieso Östrogendominanz unter Frauen immer häufiger vorkommt. Der Name Xenoöstrogene lässt es schon vermuten: Viele hormonaktive Chemikalien haben die gleiche Struktur wie Östrogen, wodurch es schnell zu einer Östrogendominanz kommen kann. Diese führt wiederum zu Symptomen wie PMS, Wassereinlagerungen, spannende Brüste, schmerzhafte Regel, Blähungen und Akne.
Abgesehen davon stehen endokrine Disruptoren im Verdacht:

  • Die Spermaqualität negativ zu beeinflussen
  • Krankheiten an weiblichen Organen zu begünstigen
  • Frühpubertät auszulösen
  • Das Risiko für Brustkrebs und Hodenkrebs zu steigern
  • ADHS und Autoimmunkrankheiten zu begünstigen
  • Die Fortpflanzung von Meerestieren negativ zu beeinflussen
  • Bei bestimmten Tierarten zu einer Vermännlichung bzw. Verweiblichung zu führen
  • Zu verdünnten Eierschalen bei bestimmten Vogelarten zu führen

 

In meiner Zyklusberatung ist deshalb das Thema “Toxic Reduced Home” eine wichtige Säule. Gerne helfe ich dir dabei, deinen Alltag hormonfreundlicher zu gestalten und endokrine Disruptoren zu reduzieren.

Zyklusberatung

 

Quellen/ Zum Weiterlesen:

– Fluter / Sommer 2022/Nr.83, S.42 + 43
https://www.ewg.org/foodnews/summary.php
https://drbrighten.com/how-endocrine-disrupting-chemicals-cause-hormone-imbalance/
– https://www.greenfacts.org/de/endokrin-disruptoren/stufe-1.htm
– https://www.bund.net/themen/chemie/chemikalienpolitik/edc/
– https://www.umweltbundesamt.de/endokrine-disruptoren#textpart-1

Schreibe einen Kommentar